Es grünt so grün …

Mit Fluoreszenz dem Mikroplastik auf der Spur

Marion Egelkraut-Holtus, Shimadzu Europa GmbH
Albert van Oyen, Erwin Jansen, Carat GmbH

Wo kommt Mikroplastik her?

Mikroplastik ist global eine der größten Herausforderungen: für die Menschheit, die Tierwelt und die Umwelt. Ursächlich stammt es aus größeren Kunststoffteilen und verwittert oder ist bereits in Alltagsgegenständen enthalten – etwa in Reinigungsmitteln, Kosmetik oder Textilien. Mikroplastik gelangt durch Abwässer in die Meere; nur bedingt können es Kläranlagen zuvor herausfiltern. Einmal im Meer, können diese Kunststoffe nicht mehr entfernt werden. Mikroplastik findet sich in allen Tiefen der Ozeane und kommt von dort in die Nahrungskette. Kleinstlebewesen nehmen es auf, die eine wichtige Nahrung für Fische sind. Von denen wiederum ernähren sich Meeressäuger, Vögel und Menschen. 

Dieser dritte Teil der Artikelserie über Analyse von Polymeren geht um fluoreszierendes Mikroplastik und wie es mithilfe der Fluoreszenzspektroskopie der Forschung nutzen kann. In den letzten beiden Ausgaben des Shimadzu-Magazins wurden Polymere aus Getränkeflaschen des Lebensmittelsektors untersucht (1/2020) sowie industriell gefertigte Polymergranulate (2/2020).

Marion Egelkraut-Holtus, Shimadzu Europa GmbH
Albert van Oyen, Erwin Jansen, Carat GmbH

Presse, Umweltschutzverbände und -behörden berichten über Mikroplastik. Es birgt Gefahren für Menschen und Tiere und wird schon in ihren Ausscheidungen gefunden. Aber über die direkte Auswirkung der Mikropartikel im Körper steht die Forschung ganz am Anfang.

Da viele Publikationen immer wieder theoretische Modelle erarbeiten und mit „frisch-generiertem“ Mikroplastik arbeiten, ist hier die Idee, gebrauchtes Material zu recyceln, zu zerkleinern und dann zu Testzwecken einzusetzen.  Somit wird nicht neues und noch mehr Polymer in die Umwelt gebracht, sondern vorhandenes eingesetzt, wobei es hier um Mikromengen geht und nicht um Kilogramm oder Tonnen. Und man kann sich dann den wahren Eigenschaften der Mikropartikel annähern, mit denen sich die Organismen notgedrungen auseinandersetzen müssen.

Mikroplastik ist vor allem aufgrund der geringen Größe für die Umwelt gefährlich, da es dadurch eine Vielzahl von Organismen aufnehmen, beispielsweise weil sie es mit Futter verwechseln. 

Ein nächster Schritt in der Entwicklung von Innovationen in der Umweltforschung könnte fluoreszierendes Mikroplastik sein. Mit ihm ist es möglicherweise einfacher zu bestimmen, ob und wo sich diese Materialien in Organismen ansammeln. Dies ermöglicht dann auch eine bessere Risikobewertung. 

Laut einer Applikation sollte es möglich sein, fluoreszierendes Mikroplastik herzustellen anhand von dem lipophilen Farbstoff Nilrot. Aber hier stellt sich die Frage, warum herstellen, wenn es genügend Polymere mit Fluorophoren (Teil 1 + Teil 2) gibt (Abbildung 1)? Daher wurden technische Polymere und eine sehr auffällig grüngelblich leuchtende PET-Getränkeflasche (Abbildung 2) gemahlen, um Mikropartikel zu generieren. [1, 2]

Abbildung 1: Drei Getränkeflaschen in grüner Farbe von links nach rechts: stark fluoreszierende PET-Flasche für eine koffeinhaltige Limonade, Flasche aus PP für Kindersaft ohne Fluoreszenz aber mit starkem Absorp­tionsspektrum (rot wird im sichtbaren Bereich geschluckt und zurück bleibt die Komplementärfarbe grün) und eine weitere fluoreszierende PET-Flasche für eine Limonade.

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Abbildung 2: PET-Flaschenboden (koffeinhaltige Limonade) und die Fluoreszenz unter einer Xenon-Lichtquelle. Die Flasche wurde dazu in den Probenraum des RF-6000 montiert.

Das Unternehmen Carat aus Bocholt hat die Idee weiterentwickelt. Es ist spezialisiert auf die Analyse von thermoplastischen Kunststoffen. Für die vorliegende Anwendung hat Carat einen Weg gefunden, die Polymere zu zerkleinern, spezifizieren und zertifizieren zu können. Shimadzu hat mit dem RF-6000 Spektrofluorometer und einem Feststoffprobenhalter eine Lösung zugeliefert, die diese kleinen Partikel messen können. 

Mess-Herausforderung Mikroplastik

Mikroplastik führt zu besonderen Anforderungen bei der Analysentechnik. Die Fluoreszenz ist bekannt für ihre hohen Nachweisgrenzen in Flüssigkeiten. Kann diese Eigenschaft auch auf Partikelgröße übertragen werden? In den beiden vorherigen Ausgaben des Shimadzu-Kundenmagazins (siehe 1 sowie 2/2020) wurden Polymerstücke (2-3 cm) und Granulate (5 mm) untersucht.

Die Mikroskopie ist sinnvoll für Proben unter 100 µm, wie zum Beispiel bei der Identifikation der Partikel mit der Infrarot-Spektroskopie. Dieser dritte Teil der Artikelserie betrachtet die Identifikation oder schlicht Wiederfindung von Partikeln kleiner 500 µm mit der Fluoreszenzspektroskopie. Gängige Polymergranulate in der Größe von 5 mm weisen mehr oder weniger starke Fluoreszenz auf, die bei Polymeren mit π-Elektronen-Molekülstruktur (Doppelbindungen) entsteht oder durch Zuschlagstoffe, die fluoreszierend sind. Jetzt werden PC (Polycarbonat) und PET (Polyethylenterephthalat) näher untersucht. 

Um Mikropartikel zu simulieren, wurden Polymere mit der Kryo-Mühle (Methode nach Carat) auf unter 500 µm zerkleinert. Um die Fluoreszenz abzusichern, denn Homogenität von Additiven in Polymeren können auch eine Rolle spielen, wurden die Polymerpartikel (Teil 2) nach dem Mahlen gesiebt und in Fraktionen eingeteilt. Dies führte zu Partikeln mit der Kennung 3.000 (enthält bis 1.500 µm), 1.500 (enthält bis 500 µm) und 500 µm (und kleiner), wobei jede Siebfraktion eine Partikelverteilung enthält; siehe Abbildung 3. [3]

Abbildung 3: Siebfraktionen eines Polycar­bonats von links nach rechts zu sehen sind: 500-, 1.500-, 3.000-µm-Partikelfraktionen und 5 mm Granulate

Probenvorbereitung und Analysen

Von jeder Fraktion wurden Partikel ins Zentrum eines Bariumsulfat-Betts (BaSO4) gestreut, das als Fixierung dient, und mit der Quarzplatte festgedrückt (Abbildung 4). Diese Messungen zeigten lückenlos die Homogenität bis unter 500 µm und Präsenz von Fluoreszenz (Abbildung 5): Je nach Polymer und/oder Additiv ist die Fluoreszenzintensität mit den Mikropartikeln im Vergleich zu höheren Konzentrationen (größere Oberflächen und Schichtdicke der Polymere) abgeschwächter.

Für ein Experiment mit PET-Mikropartikeln würde sich die Mahlung der grellen Flasche eignen. Mit sehr kleiner Menge an Mikropartikeln kann die Fluoreszenz noch intensiv sein, sodass ein Standardfluoreszenzgerät fähig ist, die Anwesenheit des Partikels zu detektieren (Abbildung 6). Messparameter und Probenvorbereitung wurden nicht verändert, um sie vergleichen zu können.

Abbildung 4a (links) und 4b (rechts): Mikropartikel generiert aus der linken PET-Flasche von Abbildung 1 (4a) und eine Auswahl der kleinsten Partikel mit Millimeterpapierskalierung zum Größenvergleich, und die Partikel liegen auf dem BaSO4-Bett
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Abbildung 5: Die EEM-Matritzen von Polycarbonatpartikeln in unterschiedlichen Größen, die Skalierung ist auf 10.000 Intensitätseinheiten gesetzt, oben links Granulat, oben rechts ein Partikel aus 3.000 µm, unten links 1.500 µm und unten rechts kleiner 500 µm
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Abbildung 6: EEM-Matrix von Mikropar­tikeln aus der PET-Flasche mit der koffeinhaltigen Limonade, mit Ska­lierung bis 5.000 Intensitätseinheiten

Fazit

In dieser Artikelserie über die Fluoreszenz von Polymeren wurden diverse Anwendungsfelder angesprochen. Untersucht wurden Polymere aus Getränkeflaschen des Lebensmittelsektors (1/2020), industriell gefertigte Granulate und Polymergranulate (2/2020). Die Fluoreszenzspektroskopie zeigte die Fluoreszenz der Polymere und deren eingearbeiteten Additive und gezielt eingesetzte Fluorophore, die als Marker fungieren. 

Man kann feststellen, dass sich die Fluoreszenz hervorragend als Instrument der Qualitätskontrolle einsetzen lässt. Für alle Kunststoffe konnte gezeigt werden, dass Eigenfluoreszenz auftrat oder Additive (z.B. Lumicolor-Beimischung gelb, grün und andere) für die Fluoreszenz verantwortlich sind, und dass deren Matrix Fluoreszenz entlässt bis auf eine PP-Probe.

Aufgrund der Nachweisgrenzen der Fluoreszenzspektroskopie kann auch Mikroplastik untersucht werden – kleiner als 500 µm. Wobei hier die Konzentration der Fluorophore die Nachweisgrenzen in Bezug auf die Partikelgröße beeinflussen. Dies ist ein wichtiges Argument bei den Polymeren, die schwache Fluoreszenz ausstrahlen. Eine Rückstandsanalytik aus einer Filterung, bei der Mikroplastik erwartet wird, wurde hier nicht betrachtet. Dies wäre ein Projekt für eine zukünftige Analyse.

Als Ausblick sind in naher Zukunft Lösungen vorstellbar, die mit für das menschliche Auge unsichtbaren Fluoreszenz-Markern die recycelten PET-Flaschen besser sortieren können und das Recycling auf Lebensmittelverpackungsniveau erhöhen, um die EU-Vorgabe von 95 % Reinheitsanforderung für die Lebensmittelqualität in recyceltem PET zu erreichen. [4] 

Literatur

  • „Impact of marine debris on Antarctic fur seals Arctocephalus gazella at Cape Shirreff: diet dependent ingestion and entanglement Preliminary results”, Elisa L. Bravo Rebolledo & Jan A. van Franeker IMARES, PO Box 57, 1780 AB Den Helder, The Netherlands (Visiting address: Ankerpark 27, 1781 AG Den Helder)
  • „Detektion von Mikroplastik im (Ab-)Wasser – Die Suche nach der Nadel im Heuhaufen?“, Sturm, M.T., Kluczka, S., Wilde, A., Schuhen, K., Analytik NEWS (30.05.2018)
  • „Marine microplastic: Preparation of relevant test materials for laboratory assessment of ecosystem impacts”, Susanne Kühn et al., Chemosphere Volume 213, December 2018, Pages 103-113
  • „New fluorescent tech can light up food packaging recycling rates”, Plastics Today