Neuer Ansatz für Epitranskriptomik
Neuer Ansatz für Epitranskriptomik
Quantifizierung von RNA-Methylierungen mittels LC-MS/MS
Dr. Alexandre David, Amandine Amalric, Aurore Attina, Pr. Sylvain Lehmann, Dr. Jerome Vialaret, Pr. Christophe Hirtz, Clinical Proteomics Platform, IRMB-PPC, INM, Univ Montpellier, CHU Montpellier, INSERM CNRS, Montpellier, France
Clinical Proteomics Platform, IRMB-PPC, INM, Univ Montpellier, CHU Montpellier, INSERM CNRS, Montpellier, France
Epitranskriptomik ist ein aufstrebendes und vielversprechendes Forschungsgebiet mit dem Fokus auf die biochemischen Modifikationen der RNA innerhalb einer Zelle. Aktuell umfasst sie mehr als 170 chemische RNA-Modifikationen, einschließlich der RNA-Methylierung, mit der die Expression bestimmter Gene reguliert wird.
Die Massenspektrometrie in Kombination mit der Flüssigkeitschromatographie (LC-MS/MS) hat sich zur Methode der Wahl zur Analyse modifizierter Nukleoside aus biologischen Proben entwickelt. Dieser Artikel stellt die Methodik zur Quantifizierung methylierter Nukleoside aus zellulärer mRNA mit Hilfe der LC-MS/MS (Shimadzu LCMS-8060) vor.
Einführung
Die Epitranskriptomik, erforscht Modifikationen an der RNA, die an der Regulation der Proteinexpression beteiligt sind. Entscheidend ist hierbei der Zusammenhang zwischen RNA-Modifikationen und Krankheiten. So sind Veränderungen am Epitranskriptom charakterisitisch für viele Tumorgewebe.
Wie erklärt sich das Potential der Epitranskriptomik?
- es gibt eine große Zahl von RNA-Modifikationen mit mehr als 170 bisher beschriebenen chemischen RNA-Veränderungen, darunter die RNA-Methylierung
- diese Modifikationen sind in allen RNA-Arten (mRNA, tRNA, rRNA, ncRNA usw.) vorhanden
- RNA-Modifikationen sind bei allen Schritten der posttranskriptionalen Regulation der Genexpression involviert: RNA-Struktur, Splicing, RNA-Export, Stabilität, zelluläre Lokalisierung und Translation
- sie sind in zelluläre Schlüsselfunktionen wie Überleben, Wachstum und Differenzierung eingebunden.
Das Nukleosid N6-Methyladenosin (m6A) – die bekannteste und häufigste Modifikation in der RNA höherer Lebewesen – ist ein markantes Beispiel. Diese Modifikation tritt nicht nur in der mRNA auf, sondern auch in nicht-kodierender RNA (rRNA, tRNA, snRNA). Da unter normalen physiologischen Bedingungen m6A wichtig für die mRNA-Regulation ist, kann jegliche Fehlregulation seiner Menge zu Krankheiten führen. [1]
Derzeitige Technologien zum Nachweis einer m6A-Modifikation [2] nutzen neueste Sequenzierungsverfahren und liefern überaus wichtige Informationen in Form einer m6A-Kartierung auf gesamtgenomischer Ebene. Allerdings können sie kein genaues quantitatives Ergebnis bereitstellen.
Heute ist die Massenspektrometrie in Verbindung mit einer vorgelagerten flüssigkeitschromatographischen Trennung (LC-MS/MS) die Methode der Wahl, um modifizierte Nukleoside aus biologischen Proben exakt zu quantifizieren. Dieser Artikel stellt die Methodik zur genauen Quantifizierung methylierter Nukleoside aus zellulärer mRNA mit Hilfe der LC-MS/MS (Shimadzu LCMS-8060) vor.
LC-Analysebedingungen | |||||||||||||||||||||||||
System | Nexera LC-40 | ||||||||||||||||||||||||
Trennsäule | Synergi Fusion-RP C18 Säule (250 mm x 2 mm, 4 µM, 80 Å ) | ||||||||||||||||||||||||
Mobile Phase |
A: 5 mM Ammoniumacetat, eingestellt auf pH 5,3 mit Essigsäure B: Acetonitril |
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Gradienten-Elution |
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Durchflussrate | 0,4 ml/min | ||||||||||||||||||||||||
Ofentemperatur | 35 °C | ||||||||||||||||||||||||
Temperatur des Autosamplers | 4 °C | ||||||||||||||||||||||||
Injektionsvolumen | 5 μl | ||||||||||||||||||||||||
MS-Analysebedingungen | |||||||||||||||||||||||||
System | Triple Quadrupol LCMS-8060 | ||||||||||||||||||||||||
Ionisierungsverfahren | ESI (positiv) | ||||||||||||||||||||||||
Nebulizing gas flow | 2,5 l/min | ||||||||||||||||||||||||
Drying gas flow | 3 l/min | ||||||||||||||||||||||||
Heating gas flow | 12,5 l/min | ||||||||||||||||||||||||
Interface temperature | 325 °C | ||||||||||||||||||||||||
DL temperature | 225 °C | ||||||||||||||||||||||||
Heat block temperature | 380 °C |
Moleküle | Übergänge | Retentionszeit (min) | Target Dwell Time (msec) | Target Collision Energy (E) | Target Q1 Pre Bias (V) | Target Q3 Pre Bias (V) | Interface Voltage (kV) |
268,0 > 136,0 | 11,8 | 197,0 | -18,0 | -24,0 | -24,0 | 1,0 | |
2’O-Methyladenosin (Am) | 282,0 > 136,0 | 14,6 | 397,0 | -17,0 | -14,0 | -24,0 | 1,5 |
N1-Methyladenosin (m1A) | 282,1 > 150,1 | 5,4 | 197,0 | -21,0 | -12,0 | -26,0 | 1,5 |
N6-Methyladenosin (m6A) | 282,1 > 150,1 | 15,9 | 397,0 | -20,0 | -12,0 | -16,0 | 1,5 |
N6,N6-Dimethyladenosin (m6,6A) | 296,0 > 164,1 | 18,3 | 530,0 | -25,0 | -22,0 | -20,0 | 1,5 |
N6,2’O-Dimethyladenosin (m6Am) | 296,0 > 150,0 | 17,6 | 397,0 | -15,0 | -18,0 | -32,0 | 1,5 |
244,1 > 112,0 | 3,8 | 197,0 | -12,0 | -17,0 | -29,0 | 1,0 | |
2’O-Methycytidin (Cm) | 258,1 > 112,0 | 7,9 | 142,0 | -15,0 | -18,0 | -32,0 | 1,5 |
N3-Methylcytidin (m3C) | 258,1 > 126,0 | 4,5 | 197,0 | -13,0 | -10,0 | -14,0 | 1,5 |
N5-Methylcytidin (m5C) | 258,0 > 126,0 | 7,3 | 157,0 | -17,0 | -14,0 | -25,0 | 1,0 |
284,1 > 152,0 | 8,6 | 142,0 | -15,0 | -24,0 | -23,0 | 1,5 | |
2’O-Methylguanosin (Gm) | 298,1 > 152,0 | 10,9 | 174,0 | -12,0 | -12,0 | -17,0 | 1,5 |
N1-Methylguanosin (m1G) | 298,1 > 166,0 | 10,6 | 142,0 | -15,0 | -11,0 | -18,0 | 0,5 |
N7-ethylguanosin (m7G) | 298,3 > 166,0 | 7,3 | 157,0 | -10,0 | -30,0 | -18,0 | 1,5 |
N2,N7-Dimethylguanosin (m2,7G) | 312,1 > 180,0 | 10,3 | 142,0 | -12,0 | -12,0 | -17,0 | 2,5 |
N2,N2,N7-Trimethylguanosin (m2,2,7G) | 326,15 > 194 | 12,4 | 197,0 | -20,0 | -15,0 | -21,0 | 1,5 |
245,1 > 113,0 | 5,2 | 197,0 | -11,0 | -28,0 | -26,0 | 1,0 | |
2’O-Methyluridin (Um) | 259,1 > 113,0 | 9,5 | 142,0 | -9,0 | -11,0 | -19,0 | 2,5 |
Präanalytische Schritte
Der experimentelle Arbeitsablauf zur Quantifizierung von methylierten Nukleosiden mit der LC-MS/MS wird in Abbildung 1 gezeigt.
106 CTC44-Zellen (Circulating Tumor Cells) wurden in Petrischalen von 150 mm x 15 mm gegeben und für vier Tage bei 37 °C unter befeuchtetem 5 %-igem CO2 in DMEM (Dulbecco’s Modified Eagle’s Medium) mit hohem Glukosegehalt kultiviert, ergänzt mit 2 mM Glutamin und 10 % FCS (Fetal Calf Serum).
Die RNA-Extraktion wurde mithilfe von TRIzol-Reagenz (Invitrogen) gemäß Herstelleranweisungen durchgeführt. mRNA wurde mit einem GenElute-mRNA-Reinigungskit (Sigma) isoliert (zweifach). Als erstes wurden 400 ng RNA (in letztlich 20 µl) abgebaut mit 5 Enzymeinheiten RNA-5’-Pyrophosphohydrolase (New England Biolabs) für zwei Stunden bei 37 °C in NEB-Puffer. Danach wurde die prozessierte RNA mit einer Enzymeinheit Nuklease-P1 (Penicillium citrinum, Sigma) für zwei Stunden bei 42 °C in NH4OAc-Puffer (10 mM, pH 5,3) in Nukleotide gespalten. Zuletzt wurden die Nukleotide mit einer Enzymeinheit alkalische Phosphatase (Escherichia coli, Sigma) für zwei Stunden bei 37 °C in NH4OAc-Puffer (100 mM) zu Nukleosiden dephosphoryliert. [3]
Nach Zugabe von 60 µl Phase A (Ammoniumacetat, pH 5,3) wurden die Proben gefiltert (0,22 μm Porenweite, 4 mm Durchmesser, Millipore), und 5 μl der Lösung zur LC-MS/MS-Analyse injiziert.
Analysebedingungen
Zur Nukleosidmessung mit dem LC-MS/MS werden die Nukleoside mit einer Umkehrphasen-UHPLC aufgetrennt und mit einem Shimadzu LCMS-8060-Triple-Quadrupol-Massenspektrometer mittels Multiple Reactions Monitoring (MRM) im positiven Elektrospray (ESI) nachgewiesen. Einzelheiten der Analysebedingungen und MRM-Parameter sind in den Tabellen 1 und 2 angegeben.
Die Modomics-Datenbank [4] enthält Informationen über MRM-Übergänge zahlreicher modifizierter Nukleoside und erlaubt die simultane Messung mehrerer methylierter Nukleoside.
Quantifizierung methylierter Nukleoside aus messenger-RNA (mRNA)
Die Quantifizierung methylierter Nukleoside, die aus mRNA erhalten wurden, erzielten Ergebnisse für zehn Nukleosidspezies aus der Zielgruppe von 14 methylierter Nukleosidspezies (Abbildung 3). Die verbleibenden vier Spezies wurden ausschließlich in rRNA, tRNA und snRNA beobachtet, und sind– nach dem aktuellen Forschungsstand – in mRNA nicht vorhanden (Abbildung 2).
Des Weiteren wird für die meisten der detektierten Methylierungen für mRNA im Vergleich zur Gesamt-RNA ein niedrigeres Signal beobachtet (Abbildung 4). Beispielsweise wird m1A in mRNA gefunden, die nur 5 % der gesamten Zell-RNA ausmacht, und auch in tRNA und rRNA mit 15 % bzw. 80 %.
Im Falle der mRNA-Aufreinigung war das Ionensignal für die Methylierungen erhöht, die vorwiegend in mRNA gefunden werden, wie m6A und m6Am (Abbildung 4-5).
Analysebedingungen
Zur Nukleosidmessung mit dem LC-MS/MS werden die Nukleoside mit einer Umkehrphasen-UHPLC aufgetrennt und mit einem Shimadzu LCMS-8060-Triple-Quadrupol-Massenspektrometer mittels Multiple Reactions Monitoring (MRM) im positiven Elektrospray (ESI) nachgewiesen. Einzelheiten der Analysebedingungen und MRM-Parameter sind in den Tabellen 1 und 2 angegeben.
Die Modomics-Datenbank [4] enthält Informationen über MRM-Übergänge zahlreicher modifizierter Nukleoside und erlaubt die simultane Messung mehrerer methylierter Nukleoside.
Quantifizierung methylierter Nukleoside aus messenger-RNA (mRNA)
Die Quantifizierung methylierter Nukleoside, die aus mRNA erhalten wurden, erzielten Ergebnisse für zehn Nukleosidspezies aus der Zielgruppe von 14 methylierter Nukleosidspezies (Abbildung 3). Die verbleibenden vier Spezies wurden ausschließlich in rRNA, tRNA und snRNA beobachtet, und sind– nach dem aktuellen Forschungsstand – in mRNA nicht vorhanden (Abbildung 2).
Des Weiteren wird für die meisten der detektierten Methylierungen für mRNA im Vergleich zur Gesamt-RNA ein niedrigeres Signal beobachtet (Abbildung 4). Beispielsweise wird m1A in mRNA gefunden, die nur 5 % der gesamten Zell-RNA ausmacht, und auch in tRNA und rRNA mit 15 % bzw. 80 %.
Im Falle der mRNA-Aufreinigung war das Ionensignal für die Methylierungen erhöht, die vorwiegend in mRNA gefunden werden, wie m6A und m6Am (Abbildung 4-5).
Fazit
Die Quantifizierung von RNA-Methylierungen mit einem Triple-Quadrupol-LC-MS/MS-System (LCMS-8060 Massenspektrometer gekoppelt an ein Nexera LC-40) stellt einen empfindlichen und zuverlässigen Ansatz für Epitranskriptomik-Untersuchungen dar. Diese Anwendung kann für ein breites Spektrum biologischer Proben (und RNA-Spezies) genutzt werden; sie stellt einen gerichteten und robusten Ansatz für diese Analyse dar.
Literatur
- C. Yang et al. The role of m6A modification in physiology and disease, Cell Death Dis (2020). doi: 10.1038/s41419-020-03143-z
- X. Li et al. Epitranscriptome sequencing technologies: decoding RNA modifications, Nat Methods (2016). doi: 10.1038/nmeth.4110
- S. Relier et al. FTO-mediated cytoplasmic m6Am demethylation adjusts stem-like properties in colorectal cancer cell. Nat Commun 12, 1716 (2021). https://doi.org/10.1038/s41467-021-21758-4
- genesilico.pl/modomics
- https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1002/nadc.20174060797
- https://www.mpg.de/12621941/psych_jb_2018
- https://www.lungeninformationsdienst.de/forschung/epigenetik/forschung/index.html
- https://www.tamaserv.com/angebot