Umweltfreundliche und gesundheitlich unbedenkliche Materialien für die regenerative Medizin
Behandlung von infizierten Wunden mit dehnbaren und antibakteriellen Auflagen
Anna Michalicha, Prof. Dr. Anna Belcarz, Medical University of Lublin
Trotz der intensiven Entwicklungsarbeiten im Bereich der Biomaterialien stellt die Wundbehandlung weltweit eine große Herausforderung und in allen Ländern eine enorme finanzielle Belastung dar. Auch im 21. Jahrhundert ist die Medizin noch immer mit der Schwierigkeit konfrontiert, dass herkömmliche Wundauflagen die Wundheilung zwar fördern, jedoch nicht so effizient wie erwartet. Intelligente Hydrogel-Wundauflagen, wie etwa stimulierend-responsive und selbstheilende Materialien, könnten zur Lösung dieses Problems beitragen. Die Entwicklung eines Prototyps für Wundauflagen mit antimikrobiellem Potenzial, der auf Veränderungen des pH-Werts in der Umgebung reagiert und sich flexibel und zeitsparend wechseln lässt, wäre der nächste wichtige Meilenstein auf diesem Gebiet.
Auflagen für hartnäckige Wunden – Verbesserung bestehender Lösungen mit natürlichen Komponenten
Wir alle haben schon mindestens einmal in unserem Leben eine Wunde mit einem Verband versorgt. Derartige Produkte sind allseits bekannt und begleiten uns seit unserer Kindheit. Wundauflagen dienen der Behandlung einer Vielzahl von Wunden, von völlig harmlosen bis hin zu infizierten und lebensbedrohlichen Wunden. Eine der größten Schwierigkeiten, mit denen die Medizin auch im 21. Jahrhundert noch konfrontiert ist, besteht darin, dass herkömmliche Wundauflagen (z. B. Verbände, Schäume, Hydrogele) die Wundheilung zwar fördern, jedoch nicht so effizient wie erwartet. Eine weitere große Herausforderung im Bereich der Entwicklung und Verbesserung von Wundauflagen ist das zunehmende Problem der Bakterienresistenz gegenüber herkömmlichen Medikamenten (vor allem Antibiotika), die zur Behandlung von Infektionen eingesetzt werden. Diese Problematik betrifft nicht nur die Wundversorgung, sondern auch andere Bereiche des öffentlichen Gesundheitswesens und verursacht erhebliche Kosten.
Die Schwierigkeiten bei der Wundbehandlung entstehen dadurch, dass akute Wunden infolge einer verlängerten Heilung zu chronischen Wunden werden. Infektionen behindern oft die Neubildung von Blutgefäßen und damit den gesamten Prozess der Wundheilung. Derzeit erfordern Wundauflagen die Zugabe zusätzlicher antibakterieller Wirkstoffe, um eine bakterielle Infektion während des Wundheilungsprozesses wirksam zu bekämpfen. Nanosilber ist eine der derzeit verwendeten Alternativen zu Antibiotika für den antibakteriellen Schutz des Wundheilungsbereichs. Außerdem weisen einige Polymere (z. B. Chitosan) aufgrund ihrer Kationizität und ihrer geringen mechanischen Beständigkeit geringe antimikrobielle Eigenschaften auf. Daher scheint die Entwicklung von Wundauflagen mit starken antibakteriellen Eigenschaften gegenüber einem breiten Spektrum von Bakterien ohne weitere Zusätze von entscheidender Bedeutung zu sein. Der eigentliche Goldstandard für Biomaterialien der neuen Generation ist zudem ihre leichte biologische Abbaubarkeit. Dies ist besonders nützlich bei Patienten mit chronischen Wunden oder Wunden mit längerer Heilungsdauer.
Intelligente Hydrogel-Wundauflagen, wie etwa stimulierend-responsive und selbstheilende Materialien, könnten zur Lösung dieses Problems beitragen. Wundauflagen auf Hydrogelbasis wurden in den letzten Jahrzehnten immer beliebter. Es gibt bereits viele Wundauflagen, die auf natürlichen Polymeren basieren. Sie weisen jedoch viele Einschränkungen auf. Wissenschaftler weltweit arbeiten an der Entwicklung neuer intelligenter Hydrogel-Wundauflagen, die durch selbstheilende Eigenschaften die Probleme im Zusammenhang mit Infektionen, Exsudat und Blutungen in Hautwunden bekämpfen sollen.
Eine mögliche Lösung für dieses Problem ist ein Zweikomponenten-Hydrogel aus Polysaccharid und Tanninsäure (einem Phenolderivat). Beide Inhaltsstoffe werden häufig eingesetzt, unter anderem als Lebensmittelzusatzstoffe, Korrosionsschutzmittel, im Färbeprozess, in alkoholischen und alkoholfreien Getränken, gefrorenen Milchprodukten, Süßigkeiten und Fleischprodukten. Tanninsäure wurde in den 1920er-Jahren als antibakterielles Mittel bei der Behandlung von Brandwunden eingesetzt. Einigen Studien zufolge kann die Anwendung von Tanninsäure bei schweren Verbrennungen die Sterblichkeit von etwa 35 % auf 11 % senken. Seit dem Zweiten Weltkrieg wird Tanninsäure aufgrund des weit verbreiteten Einsatzes von Antibiotika nicht mehr verwendet. In jüngster Zeit wird diese interessante natürliche Verbindung jedoch wieder verstärkt erforscht.
Zweikomponenten-Hydrogel mit antibakteriellen Eigenschaften und blutstillender Wirkung
Dr. Anna Belcarz, Professorin an der Medizinischen Universität Lublin, und Anna Michalicha, Doktorandin an der Doktorandenschule der Medizinischen Universität Lublin, entwickelten im Rahmen ihrer Arbeit an der Konzeption neuer und der Modifizierung bestehender Biomaterialien ein solches Zweikomponenten-Hydrogel. Es lässt sich zu einer dünnen Wundauflage mit einer Dicke von 2 bis 3 mm und hoher Elastizität formen. Die Wundauflage haftet selbstständig auf der Haut, setzt (je nach pH-Wert) Tanninsäure als adstringierendes und antibakterielles Mittel frei und absorbiert eine erhebliche Menge an Exsudat aus der Wunde. Bei der Erprobung des neuen Hydrogels setzte das Team auf seine langjährige Erfahrung bei der Beurteilung der antibakteriellen Eigenschaften von Biomaterialien und seine Expertise bei der Untersuchung der Wechselwirkungen dieser Biomaterialien mit menschlichem Blut. Bemerkenswert ist, dass die antibakterielle Aktivität von Tanninsäure unspezifisch ist, weshalb sie gegen alle Bakterien wirkt, auch gegen antibiotikaresistente. Zusätzlich hemmt das neu entwickelte Hydrogel die Blutung aus der Wunde (hämostatische Wirkung). Aufgrund dieser Kombination von Eigenschaften gilt es als vielversprechende Alternative für die Behandlung von offenen, exsudierenden und blutenden Wunden, die anfällig für bakterielle Infektionen sind. Diese Strategie für die Behandlung hartnäckiger, infizierter und blutender Wunden dürfte die Lebensqualität der Patienten verbessern und der Medizin der Zukunft zugutekommen.
Verbesserung der mechanischen Aspekte von Wundauflagen mit dem Shimadzu Texture Analyser
Dies sind jedoch nicht die einzigen wichtigen Merkmale für potenzielle Wundauflagen. Dr. Anna Belcar, Mitentwicklerin der Innovation erklärt: „Wundauflagen, die auf Wunden an verschiedenen Stellen des Körpers aufgebracht werden, sind Druckbelastungen und Quetschungen ausgesetzt. Außerdem müssen sie beim Anlegen an Hals, Ellbogen, Knien, Knöcheln und anderen beweglichen Körperteilen wiederholten Dehnungen standhalten, ohne die Struktur zu beschädigen. Eine der wichtigsten Eigenschaften von Wundauflagen ist daher ihre angemessene mechanische Festigkeit, einschließlich Kompression und Dehnung.“ Zur Bestimmung der Werte dieser Parameter setzt die Fakultät für Biochemie und Biotechnologie der Medizinischen Universität Lublin den EZ-SX texture analyzer von Shimadzu ein.
„Dieses System eignet sich ideal dafür und ist relativ klein und flexibel“, so Doktorandin Anna Michalicha. „Seine Bedienung ist einfach und intuitiv, die Handhabung schnell erlernbar und die Arbeit damit macht Spaß. Die bei der Messung gewonnenen Daten können anschließend je nach den gewünschten Informationen mehreren Analysen unterzogen werden.“