Keine Grauzone: Der Schlüssel zu nachhaltiger Wasserstoffproduktion

Britisches Start-up setzt auf CO2-negative Wasserstoffgewinnung

Dr. Michael Sims, Wild Hydrogen

Abbildung 1: Wasserstoff eröffnet die Möglichkeit der umweltfreundlicheren Gestaltung von Schwerlasttransporten und Industrieprozessen, bei denen eine Dekarbonisierung ansonsten schwierig ist – allerdings nur, wenn bei der Erzeugung von Wasserstoff selbst kein CO2 freigesetzt wird.

Wasserstoff könnte als umweltfreundlicher Energieträger eine Schlüsselrolle spielen – doch sein Potenzial bleibt ungenutzt, solange die Herstellung nicht kosteneffizient ist und der Markt von „grauem Wasserstoff“ dominiert wird, der mit hohen CO2-Emissionen verbunden ist. Die Pyrolyse von Biomasse gilt schon lange als vielversprechender Weg, um Wasserstoff klimaneutral zu erzeugen, doch bisher war der Prozess oft energieintensiv und verlangte eine aufwendige Aufbereitung des Ausgangsmaterials. Jetzt jedoch glaubt das britische Start-up Wild Hydrogen, diese Herausforderungen mit einem neu entwickelten Vergasungsreaktor überwunden zu haben. Im Gespräch verrät uns das Unternehmen, wie es die Wasserstoffproduktion nicht nur klimafreundlich, sondern kohlenstoffnegativ gestalten will und wie die GC-MS-Technologie von Shimadzu dabei hilft, die Zusammensetzung der gasförmigen, flüssigen und festen Produkte zu entschlüsseln.

Grau, blau, grün … und rein

Mit einem aktuellen Marktwert von 100 Milliarden britischen Pfund konzentriert sich der weltweite Wasserstoffmarkt auf Schlüsselanwendungen in Bereichen, die schwer auf Strom umzustellen sind (wie die Schwerindustrie), sowie als Kraftstoff für Lastkraftwagen und die Schifffahrt.

Aber es gibt ein erhebliches Problem mit Wasserstoff – und das liegt in seiner Gewinnung. Der Markt wird aktuell von grauem Wasserstoff dominiert, der bei der Vergasung fossiler Rohstoffe entsteht, aber dabei erhebliche CO2-Emissionen verursacht. Blauer Wasserstoff, der ebenfalls durch Gasifizierung entsteht, jedoch mit CO2-Abscheidung und -Speicherung kombiniert wird, erfordert viele Ressourcen und ist deshalb äußerst kostspielig. Auch bei der Herstellung von grünem Wasserstoff durch die Elektrolyse von Wasser mit Strom aus erneuerbaren Quellen treten dieselben Probleme auf, wobei auch hier seltene Materialien verwendet werden, was das Verfahren unwirtschaftlich macht.

Wie lässt sich die Wasserstofferzeugung so optimieren, dass sie weniger Ressourcen verbraucht und die üblichen CO2-Emissionen reduziert oder gar ins Gegenteil verkehrt werden? Das Forschungs- und Entwicklungsunternehmen Wild Hydrogen glaubt, die Lösung gefunden zu haben, und verwendet ein GC-MS von Shimadzu als Hilfsmittel auf dem Weg zu dem, was es als „reinen Wasserstoff“ bezeichnet.

Kombination von Biomassevergasung und Kohlenstoffabscheidung

Im Oktober 2021 entwickelten James Milner (nun CEO) und Mark Wickham (nun CTO) über einer Tasse Kaffee die Idee zu Wild Hydrogen. „Unser Name steht für unseren Einsatz für technologische Fortschritte in der Wasserstoffherstellung und unseren mutigen Willen, das bestehende System in der sich entwickelnden Energiewelt zu hinterfragen“, erklärt James Milner. Wenige Monate später wurde das Unternehmen gegründet und eine Zusammenarbeit mit der Cranfield University und Helical Energy ins Leben gerufen, um die Idee zu verwirklichen.

Kern der Idee ist die Vergasung von Biomasse zu Wasserstoff und CO2 mittels eines reaktorbasierenden Prozesses, bei dem atmosphärisches CO2 effektiv aus dem erzeugten Gasstrom abgeschieden werden kann. Da das Ausgangsmaterial nicht aus fossilem Kohlenstoff stammt und der Kohlenstoff aufgefangen werden kann, ist diese Methode potenziell nicht nur CO2-neutral, sondern sogar CO2-negativ. Damit könnte in einem einzigen Schritt der Wasserstoff für die Wirtschaft von morgen produziert werden. Gleichzeitig ließe sich mithilfe der Photosynthese die schwierige Aufgabe bewältigen, der Atmosphäre das CO2 zu entziehen, das den Klimawandel vorantreibt.

Das Projekt befindet sich noch in der Entwicklungsphase, daher wurden die genauen Einzelheiten des Reaktors und des Prozesses bisher nicht veröffentlicht. Das Unternehmen konnte durch drei entscheidende Innovationen die Wasserstoffproduktion wirtschaftlich rentabel machen:

  • Kaum Vorbereitungsaufwand: Das Unternehmen benötigt für sein Verfahren keine aufwendige Vorverarbeitung des Ausgangsstoffes. Insbesondere kann die Biomasse einen Wassergehalt von bis zu 50 Gewichtsprozent aufweisen und muss nicht auf eine einheitliche Größe gemahlen werden, was die Kosteneffizienz deutlich steigert.
  • Geringere Heizkosten: Durch eine sorgfältige Anordnung des Reaktors und optimierte Arbeitsabläufe konnte das Unternehmen die für die Vergasung erforderliche Zeit und Energie zum Erhitzen der Biomasse erheblich reduzieren.
  • Minimaler Ressourceneinsatz: Das Unternehmen setzt ausschließlich auf leicht verfügbare Metalle und Keramiken, wodurch der Bedarf an seltenen oder gefährlichen Erdmetallen entfällt. Anders als bei einigen anderen Verfahren ist zudem der Einsatz großer Mengen Wasser nicht erforderlich, was die Umweltfreundlichkeit weiter erhöht.

Um zu zeigen, dass das Konzept in der Praxis funktioniert, hat das Team von Wild Hydrogen in den letzten zwei Jahren eine Reihe von Prototypen entwickelt, die in ihrer Größe, Effizienz und Robustheit stetig gewachsen sind. Das Reaktordesign hat sich auch bei einer Vielzahl unterschiedlicher Biomasse-Rohstoffe bewährt, darunter Energiepflanzen, Forstabfälle, Makroalgen sowie Abfallprodukte wie übergroßer Kompost. Sogar bei Kunststoffabfällen liefert der Reaktor hervorragende Ergebnisse!

Abbildung 2: Stroh, Holzpellets und Kompost – drei der biogenen Rohstoffe, die das Team von Wild Hydrogen für die Wasserstofferzeugung untersucht hat

Analyse der Wasserstoffreinheit … und der Nebenprodukte

Der Umwandlungsprozess von Biomasse bei Wild Hydrogen führt zu einem Gas, das zwar wasserstoffreich ist, aber auch Kohlendioxid, Kohlenmonoxid, Methan und geringe Mengen weiterer flüchtiger Verbindungen enthält. Um den Reaktor jedoch marktfähig zu machen, muss das Unternehmen ein Gas von hoher Reinheit erzeugen und ein Analysesystem bereitstellen, das diese Reinheit zuverlässig nachweisen kann.

Die Wasserstoffreinheit ist zwar von großer Bedeutung, es geht aber um noch viel mehr. Bei der Vergasung entstehen außerdem feste Pflanzenkohle und eine geringe Menge flüssiges Bioöl (oder Teer). Die in diesen Produkten enthaltenen Chemikalien zu verstehen, ist für die Ausarbeitung der Prozesse, die im Reaktor ablaufen, und damit für die Optimierung der Wasserstoffausbeute von entscheidender Bedeutung. Das Team möchte jedoch auch den gesamten Prozess so kreislauforientiert wie möglich gestalten, weshalb diese Nebenprodukte wiederverwendet werden: So könnte die Pflanzenkohle beispielsweise zur CO2-Abscheidung verwendet werden, während das Bioöl dem Ausgangsmaterial wieder zugeführt werden könnte, um mehr Wasserstoff zu erzeugen.

Um die Zusammensetzung all dieser Gase, Flüssigkeiten und Feststoffe zu verstehen, ist ein vielseitiges analytisches Set-up erforderlich – und hier kommt Shimadzu ins Spiel.

Abbildung 3: Bei der Gasanalyse von Wild Hydrogen wird ein Aliquot aus den für die Probenahme verwendeten Gasbeuteln entnommen – was notwendig ist, da die Bedingungen im Reaktor für biogenes Material eine Onlinemessung ausschließen

Entwicklung eines bedarfsgerechten Analysesystems

Die Gespräche mit Shimadzu begannen kurz nach einem Zusammentreffen auf einer Laborfachmesse. Das Team von Wild Hydrogen war besonders angetan von der Möglichkeit, die gesamte Bandbreite gasförmiger Analyten in einem Durchlauf abzudecken. Die Entscheidung für die Zusammenarbeit mit Shimadzu war gefallen, nachdem das Unternehmen den Wert des beratungsorientierten Ansatzes von Shimadzu erkannt und sich selbst von den Fähigkeiten der Geräte überzeugt hatte.

Schnell stand fest, dass ein maßgeschneidertes System erforderlich war, da die Bedingungen im Reaktor eine Onlinemessung ausschlossen. Da Wild Hydrogen auch Analysen von Nicht-Zielverbindungen in flüssigen und festen Fraktionen sowie in Gasproben durchführen wollte, war ein Massenspektrometer (anstelle eines Flammenionisationsdetektors, eines Wärmeleitfähigkeitsdetektors oder eines Bi-Ionisationsdetektors) die richtige Wahl.

Standardisierte Systeme für diese Art von Arbeit sind nicht direkt verfügbar, Shimadzu ist jedoch darauf spezialisiert, handelsübliche GC-MS-Geräte auf spezifische Anwendungen hin anzupassen, und machte sich daher an die Arbeit, das passende Set-up für Wild Hydrogen zu entwickeln. So entstand ein kundenspezifisches System auf der Grundlage des Shimadzu GCMS-QP2020NX, das für die Gasanalyse mit zwei Probenschleifen ausgestattet ist, die mit einem Kanister oder einem Gasbeutel befüllt werden. Die Schleifen sind mit PLOT-Säulen verbunden, die eine hervorragende Leistung für Wasserstoff, CO2 und die anderen erwarteten permanenten Gase bieten. Durch den Einsatz eines MS-Detektors kann das System die von Pflanzenkohle und Bioöl erwarteten flüchtigen organischen Verbindungen erkennen und identifizieren, wobei die Mischungen durch einfaches Ersetzen einer der PLOT-Säulen durch eine Kapillarsäule getrennt werden.

Abbildung 4: Michael Sims, Mitarbeiter von Wild Hydrogen, mit dem kundenspezifischen System von Shimadzu, das Wild Hydrogen zur Kontrolle der Zusammensetzung der Gase, Flüssigkeiten und Feststoffe verwendet, die beim biogenen Materialvergasungsprozess entstehen

Forschungschemiker Dr. Michael Sims

Das System wurde im Sommer 2023 in Betrieb genommen, etwa zu der Zeit, als Dr. Michael Sims als Forschungschemiker zu Wild Hydrogen kam. Als Experte für organische Geochemie war Sims mit der Pyrolyse zur Untersuchung organischer Rückstände in Gesteinen vertraut, sodass ihm der Übergang zur Untersuchung der Abbauprodukte von Biomasse in den Reaktoren des Unternehmens mit dem neuen GC-MS leichtfiel. In seiner derzeitigen Position arbeitet er am vierten Reaktorprototyp mit dem Spitznamen „Mini“, wobei der Schwerpunkt auf der Maximierung der Energieeffizienz und der Wärmerückgewinnung liegt.

Multifunktionale Geräte und reaktionsschnelles Personal

Sims verwendet das System von Shimadzu seit fast einem Jahr und ist sehr zufrieden damit: „Was uns besonders gefällt, ist die Vielseitigkeit. Wir können die Konfiguration anpassen, um eine Reihe verschiedener Analysen durchzuführen, wobei der Wechsel zwischen diesen sehr einfach ist. Bei einem Gasanalysator oder einem handelsüblichen GC-MS-System hätten wir diese Möglichkeit nicht.

Dank des vor Ort installierten Systems kann er schnell auf interne Anfragen reagieren, ohne auf teure und zeitaufwendige ausgelagerte Analysen angewiesen zu sein. „Mit unserem System von Shimadzu kann ich eine Gasanalyse durchführen und dem Rest des Teams innerhalb von 10 Minuten die Zusammensetzung mitteilen. Das Gerät bildet das Rückgrat unserer Laborarbeit und ist mittlerweile ein wichtiger Bestandteil unserer Betriebsabläufe.

Das von Shimadzu gebotene Serviceniveau war für Sims und den Rest des Teams von Wild Hydrogen ausschlaggebend, fügt er hinzu: „Die Inbetriebnahme des Systems verlief reibungslos, und auch die anschließende Betreuung gestaltete sich sehr positiv – das Team ist stets ansprechbar, sodass wir uns bei jeder noch so kleinen Frage einfach melden können.

Abbildung 5: Dr. Michael Sims inspiziert den Säulenofen des maßgeschneiderten Shimadzu GCMS, wobei im Vordergrund die Schutzsäule und zwei der Trennsäulen für die Verbindungen (gelb und orange) zu sehen sind. Durch die Verwendung mehrerer Säulen ist der Gesamtgasstrom zum MS höher als gewöhnlich – dies lässt sich jedoch problemlos mit der leistungsstarken Zweiphasen-Turbopumpe des Systems bewältigen, die bis zu 15 ml/min ohne Empfindlichkeitsverlust verarbeiten kann.

Vorreiter in Sachen nachhaltiger Wasserstoff

Derzeit, so Sims, laufen Projekte, mit denen die besten Bedingungen für die Aufbereitung der Gase untersucht werden sollen. Der erste Aspekt ist die nachgeschaltete Technologie zur Abtrennung des CO2 vom Wasserstoff, gefolgt von einer Reinigungsanlage.

Beim Wasserstoff hängt laut Sims viel von den Anforderungen der Abnehmer ihrer Gase ab. „Im Grunde wollen wir aber Wasserstoff mit einer Reinheit erzeugen, die für die Brennstoffzellen in wasserstoffbetriebenen Fahrzeugen geeignet ist“, fügt er hinzu.

Um sicherzustellen, dass das abgeschiedene CO2 eine geeignete Reinheit für die Kohlenstoffspeicherung aufweist, muss überprüft werden, ob es frei von Sauerstoff und anderen Verunreinigungen ist – ein weiterer Aspekt des Arbeitsablaufs, für den sich das System von Shimadzu zweifellos als sehr nützlich erweisen wird, erklärt er.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Wild Hydrogen von seinem Shimadzu GCMS stark profitiert. Sims sagt: „Ein vielseitiges Analysesystem, das eine schnelle Probenbearbeitung ermöglicht, hat nicht nur unsere Forschung und Entwicklung beschleunigt, sondern wird auch für die Überprüfung der Reinheit der von uns produzierten Gase von entscheidender Bedeutung sein.

Diese Vorteile werden entscheidend dazu beitragen, dass Wild Hydrogen bei der kosteneffizienten und nachhaltigen Erzeugung von „reinem Wasserstoff“ eine Vorreiterrolle einnimmt – zur Freude von Industrie und Klima.