Präzision statt Rätselraten – GFR-Messung mittels Iohexol-Plasma-Clearance
Eine sofort einsatzbereite Lösung zur Messung der Nierenfunktion
Shahriar Kermanshahian, Paul Gentil, Nephrolyx GmbH
Die glomeruläre Filtrationsrate (GFR) spielt eine zentrale Rolle bei der Überwachung der Nierenfunktion. Obwohl Nierenerkrankungen weltweit die zehnthäufigste Todesursache darstellen und jährlich 1,3 Millionen Todesfälle (Stand 2019) verursachen, basiert der Großteil der GFR-Bestimmungen auf Schätzungen (eGFR). Diese Schätzungen sind jedoch oft ungenau und führen zu Unsicherheiten bei klinischen Entscheidungen – besonders in kritischen Fällen. Laut der internationalen Organisation Kidney Disease: Improving Global Outcomes (KDIGO) lassen sich verlässliche und präzise Ergebnisse nur durch direkte Messung der GFR (mGFR) mittels exogener Marker wie Iohexol erzielen.
Warum Präzision über Leben entscheiden sollte
Man stelle sich ein Leben ohne Präzision und Messbarkeit vor. Autos würden ohne Tacho fahren, und Fahrer müssten sich beim Tempo auf ihr Bauchgefühl verlassen. Bei den Olympischen Spielen würde man Sprungweiten nur grob schätzen, statt sie präzise zu messen. Selbst im Fußball wäre es normal, wenn Schiedsrichter nach Gefühl den Schlusspfiff setzen. Absurd, oder? Doch genau das passiert im lebenswichtigen Bereich der Nierengesundheit: Ärzte schätzen, wie stark eine geschädigte Niere betroffen ist oder wie die richtige Dosierung bei der Krebsbehandlung oder Stammzelltherapie aussehen soll. Im Folgenden werden die Probleme des Rätselratens bei der Bestimmung der glomerulären Filtrationsrate (GFR) genau erläutert – gefolgt von einer deutlich besseren diagnostischen Lösung.
GFR: Definition und das Problem der Ungenauigkeit
Die klinische Beurteilung der Nierenfunktion ist ein zentraler Bestandteil der medizinischen Praxis, wobei die glomeruläre Filtrationsrate (GFR) als der beste Indikator für die Nierenleistung gilt. In vielen Laboren wird derzeit die geschätzte GFR (eGFR) auf Basis von Serumkreatinin oder Markern wie Cystatin C verwendet.[1, 2]
Allerdings weichen etwa 10–20 % dieser Schätzungen um mehr als 30 % von der tatsächlichen GFR ab.[3] Solche Ungenauigkeiten treten häufig bei Patienten mit extremen Alters- und Größenunterschieden, Diabetes mellitus, Krebs, schwerer Mangelernährung oder Adipositas, Erkrankungen der Skelettmuskulatur, Paraplegie oder Tetraplegie und vegetarischer Ernährung auf. In solchen Fällen können ungenaue Schätzungen schwerwiegende Folgen haben, besonders bei der Evaluation von Nierenspenden oder der Verabreichung von nierenschädigenden Medikamenten wie Zytostatika oder Antibiotika.[2]
Die Lösung: GFR-Messung mit exogenen Markern
Die Messung der GFR (mGFR) mittels Plasma-Clearance des exogenen Markers Iohexol wird in den neuesten KDIGO-Leitlinien von 2024 als Goldstandard anerkannt.[4] Diese Leitlinien definieren klare klinische Situationen, in denen geschätzte GFR-Werte fehleranfällig sind, und bieten Kriterien zur Auswahl von Patienten, bei denen eine direkte GFR-Messung erforderlich ist (Abbildung 1). KDIGO-Empfehlungen zufolge sollten außerdem alle Nephrologen Zugang zu mindestens einer Methode zur Messung der GFR mit exogenen Markern haben. Bislang waren die verfügbaren GFR-Messverfahren oft komplex und zeitaufwendig, was eine routinemäßige Anwendung erschwerte – bis jetzt.
Gibt es eine Methode für eine einfache und routinemäßige GFR-Messung in Laboren?
Um dieser entscheidenden Anforderung gerecht zu werden, hat Nephrolyx das CE-zertifizierte Nephrolyx IVDx-Kit sowie eine zugehörige Softwareplattform entwickelt, die die GFR-Messung mittels Iohexol-Plasma-Clearance ermöglicht (Abbildung 2). Dieser Test ist für die präzise Quantifizierung der Iohexol-Konzentration im Serum in der In-vitro-Diagnostik konzipiert. Anschließend wird die daraus resultierende glomeruläre Filtrationsrate (GFR) berechnet – ein unverzichtbares Hilfsmittel für die Diagnose, Überwachung und Behandlung von Nierenerkrankungen. Die wesentlichen Schritte des Tests sind in Abbildung 3 dargestellt. In diesem Artikel wird das zuverlässige Protokoll zur Bestimmung der Iohexol-Konzentration im menschlichen Serum beschrieben, das mit dem von Nephrolyx entwickelten IVDx-Kit eine schnelle und äußerst präzise Messung ermöglicht.
Material und Methoden
Probenvorbereitung
Das Labor analysierte Serumproben, die Patienten 3, 4 und 5 Stunden nach der Injektion von 5 ml Iohexol entnommen wurden. Für die Probenvorbereitung wurden 20 μl jedes Kalibrators (C1−C6), der Qualitätskontrollmaterialien (QC1−QC3) und der Proben in doppelter Ausführung in eine 96-Well-Platte pipettiert. Anschließend wurden 180 μl des internen Standards (IS) von Nephrolyx zugegeben. Nach 2-minütigem Schütteln bei 1.000 U/min wurde die Platte auf eine Filterplatte gesetzt und 30 Minuten lang bei 1.500 G zentrifugiert. Die gefilterten Proben wurden in der Auffangplatte gesammelt und für die Messung auf dem (U)HPLC-Gerät vorbereitet.
UHPLC-Analyse
Die Analyse erfolgt auf zwei Systemen: dem ChromasterUltra Rs UHPLC (Hitachi) als Referenz und dem Nexera X3 UHPLC (Shimadzu). Die Trennung der Analyten erfolgte auf beiden Systemen mittels eines binären Gradienten (siehe Tabelle 1) und einer analytischen Nephrolyx-Säule bei +50 °C. Die Quantifizierung der Analyten wurde mittels UV-Vis-Detektor vorgenommen.
Ergebnisse
Die Ergebnisse (Tabelle 2) zeigen eine ausgezeichnete Reproduzierbarkeit zwischen den Duplikaten sowie eine hohe Genauigkeit im Vergleich zu den theoretischen Konzentrationen. Die berechneten Standardkurven sowie die Abweichungen innerhalb und zwischen den Assays sind in Tabelle 3 und 4 dargestellt. Insgesamt wurden 50 Proben analysiert, um die Präzision innerhalb und zwischen den Assays zu bestimmen. Die Intra-Assay-Ergebnisse zeigen die berechnete Standardabweichung und den Bias, abgeleitet aus dem Mittelwert des Variationskoeffizienten (CV) zwischen den jeweiligen Duplikaten. Für die Inter-Assay-Präzision wurden die Genauigkeit und Abweichung der erhaltenen Ergebnisse bei Patientenproben auf dem Hitachi ChromasterUltra Rs im Vergleich zum Shimadzu Nexera X3 berechnet (Tabelle 4).
Der Test, der auf beiden Geräten durchgeführt wurde, zeigt Variationskoeffizienten im Bereich von 0,1 % bis 12,5 % (Abbildung 4). Diese Ergebnisse bestätigen die Reproduzierbarkeit des Nephrolyx IVDx zwischen dem ChromasterUltra Rs und dem Nexera X3.
Zeit | Pumpeneinstellungen | ||
% A | % B | Flussrate | |
0,00 min |
100 % |
0 % |
1,0 mL/min |
1,00 min |
86 % |
14 % |
|
1,01 min |
0 % |
100 % |
|
1,05 min |
0 % |
100 % |
|
1,06 min |
100 % |
0 % |
|
2,50 min |
100 % |
0 % |
Gerät | Steigung | Achsenabschnitt | R2 |
ChromasterUltra Rs (Hitachi) | 187,7538 | 0,2199 | 0,9996 |
Nexera X3 (Shimadzu) | 187,3024 | 0,2801 | 0,9995 |
Proben- name |
Theoretische Konzentration [μg/ml] | Durchschnittlich gemessene Konzentration auf ChromasterUltra Rs [μg/ml] | CV [%] zwischen Duplikaten (ChromasterUltra Rs) | Abweichung [%] (zwischen ChromasterUltra Rs und zugewiesener Konzentration) | Durchschnittlich gemessene Konzentration auf Nexera X3 [μg/ml] | CV [%] zwischen Duplikaten (Nexera X3) | Abweichung [%] (zwischen Nexera X3 und zugewiesener Konzentration) |
C1 | 500,00 | 501,48 | 0,1 % | 0,3 % | 500,56 | 1,4 % | -0,1 % |
C2 | 222,22 | 224,12 | 0,6 % | 0,9 % | 221,13 | 0,7 % | -0,5 % |
C3 | 98,77 | 95,26 | 2,1 % | -3,6 % | 97,00 | 0,3 % | -1,8 % |
C4 | 43,90 | 43,67 | 0,9 % | -0,5 % | 44,66 | 1,1 % | 1,7 % |
C5 | 19,51 | 19,56 | 1,6 % | -0,2 % | 19,66 | 1,1 % | -0,8 % |
C6 | 8,67 | 8,67 | 3,3 % | 0,0 % | 8,63 | 3,9 % | -0,5 % |
QS1 | 333,33 | 329,03 | 0,5 % | -1,3 % | 333,06 | 1,2 % | -0,1 % |
QS2 | 65,84 | 64,64 | 1,5 % | -1,8 % | 67,59 | 1,7 % | 2,7 % |
QS3 | 13,01 | 13,08 | 1,7 % | 0,5 % | 12,85 | 0,5 % | -1,2 % |
GFRx-Berechnung
Die GFR-Berechnung erfolgt mithilfe des GFRx-Softwaremoduls, das in die digitale Nephrologie-Plattform DNPx von Nephrolyx integriert ist (Abbildung 5). Zur Berechnung der mGFR wurden die Iohexol-Konzentrationen aus den Patientendaten in Tabelle 4 herangezogen, die sowohl vom ChromasterUltra Rs als auch vom Nexera X3 stammen (Abbildung 6). Die Abweichungen bei den Berechnungen mit GFRx (mehrere Messpunkte) und Jacobson (ein Messpunkt) lagen bei <= 3 %. Solche geringen Abweichungen sind klinisch unbedeutend.
Proben- name |
Durchschnittlich gemessene Konzentration auf ChromasterUltra Rs [μg/ml] | CV [%] zwischen Duplikaten (ChromasterUltra Rs) | Durchschnittlich gemessene Konzentration auf Nexera X3[μg/ml] | CV [%] zwischen Duplikaten (Nexera X3) | Genauigkeit [%] (zwischen ChromasterUltra Rs und Nexera X3) | Abweichung [%] (zwischen ChromasterUltra Rs und Nexera X3) |
Patient T0 | 313,84 | 0,1 % | 296,28 | 0,9 % | 105,9 % | 5,9 % |
Patient T1 | 181,40 | 1,0 % | 172,54 | 0,2 % | 105,1 % | 5,1 % |
Patient T2 | 124,94 | 0,9 % | 123,90 | 1,0 % | 100,8 % | 0,8 % |
Patient T3 | 100,58 | 1,6 % | 98,19 | 0,3 % | 102,4 % | 2,4 % |
Patient T4 | 75,83 | 0,1 % | 73,59 | 1,9 % | 103,0 % | 3,0 % |
Patient T5 | 58,61 | 1,1 % | 56,17 | 3,7 % | 104,3 % | 4,3 % |
Präzision als Schlüssel zur Reduzierung von Todesfällen durch Nierenerkrankungen
Der direkte Vergleich der Standardkurven, die auf dem ChromasterUltra Rs (Hitachi) und dem Nexera X3 (Shimadzu) erstellt wurden, sowie die Kalibrations- und Qualitätskontrollen zeigen, dass das Nephrolyx IVDx-Kit auf beiden Geräten äußerst präzise und zuverlässige Ergebnisse liefert.
Zudem belegt das Nephrolyx IVDx, dass eine CE-konforme Lösung für Labore geschaffen wurde, die schnelle und genaue Resultate liefert und eine GFR-Messung im klinischen Alltag gemäß der neuen KDIGO-CKD-Leitlinie von 2024 ermöglicht.
Ziel ist es, Krankenhäuser und Universitäten weltweit mit dieser innovativen Methode auszustatten und die 1,3 Millionen jährlichen Todesfälle durch Nierenerkrankungen sowie ungenaue Dosierungen und unnötigen Stress für Patienten zu minimieren.
[1] Miller W.G. (2008). Am J Kidney Dis 52: 645–648.
[2] Stevens L.A., Levey A.S. (2009). J Am Soc Nephrol. 20: 2305–2313.
[3] Levey A.S., Becker C., Inker L.A. (2015). Jama. 313: 837–846.
[4] KDIGO 2024 Clinical Practice Guideline for the Evaluation and Management of Chronic Kidney Disease. Kidney Int. (2024). 105 (4S): S117–S314.